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Der Graue Panther und die Bilderstürmer

Love Letters to the Aristocracy
Ein Nato-General  und ein Panzer-Kommandant aus der Oberpfalz –Ein Fallbeispiel zur  neu-deutschen Form der Bilderstürmerei.
 
[A NATO General and a German Tank Commander from Upper Palatinate- A case history of a Newer German Type of Iconoclasm]
 
 
Die Bundeswehr, eine materiell und mental von Politikern und vom MAD in den letzten Jahren entkernte Armee, die zu einer Verteidigung unseres Vaterlandes nicht mehr im Stande ist, macht immer wieder durch eine unreflektierte Befolgung des Traditions-Erlasses der Bundeswehr von 2018 von sich Reden. Dies betrifft besonders das Verbot von Redewendungen und Begriffen aus der Vergangenheit, die Umbenennung von Kasernen, die Aberkennung von Einheitsnamen und das Aussondern von Darstellungen und Geräten, die einen Bezug zu deutschen Streitkräften in der Vergangenheit, insbesondere zur Deutschen Wehrmacht , erkennen lassen. Alle deutschen Armeen in der Vergangenheit sind Teil unserer Geschichte, welcher Epoche sie auch immer zuzurechnen sind. Jede eklektische, ausschließlich dem Zeitgeist geschuldete Betrachtungsweise dieser Streitkräfte ist immer auch Ausdruck fehlender Reife, einer eingeschränkten Erfahrung und das Fehlen einer ausreichenden Wissensbasis der Akteure. Solche Vorgehensweisen waren bisher häufig bei Personen  aus der linken politischen Parteienlandschaft, von Verbänden und von Interessensgruppen zu beobachten.

 
Umso bedauerlich ist, dass  auf diesem Gebiet auch ein ehemaliger General der Bundeswehr, aus der Gruppe, der von den Medien als Experten des Ukraine-Kriegs bezeichneten Personen, in Erscheinung tritt. Brigadegeneral a. D., Dr. phil. Klaus Wittmann, Historiker und Publizist kritisierte, die Namengebung des neuen, von Rheinmetall entwickelten Panzers K 51 „ Panther“ als Antwort auf den russischen Kampfpanzer T-14. Der Panzer hat eine Chance, den in die Jahre gekommenen Bundeswehr-Kampfpanzer Leopard II, zu ersetzen. Das Thema wurde u.a. auch von  deutschen Medien (Welt, Stern) thematisiert. Der ehemalige Angehörige der Bundeswehr verwies auf die Vorbelastung dieses Namens durch ein Sonder-Kfz (SdKfz) gleichen Namens in der Wehrmacht. Er tritt  damit in die Fußstapfen deutscher Platz-  und  Straßennamen-Bilderstürmern, die sich immer einer gewissen Aufmerksamkeit sicher sein können.

 
Der PzKpfw V Panther (SdKfz 171) hatte eine 7,5 cm KwK L/70 als Hauptbewaffnung und zwei 7,92 mm MGs. Er wird von zahlreichen Kennern der Materie als der beste Kampfpanzer der deutschen Wehrmacht bezeichnet und er war dem Standartpanzer der „Roten Armee“ , dem T-34, auch nach dessen Umrüstung auf eine 8,5 cm Kampfwagenkanone immer noch überlegen. Komplettiert  wurde diese Panther-Erfolgsserie durch einen Bergepanzer gleichen Namens  und einen Jagdpanzer, den 8,8 cm – Jagdpanzer V Jagdpanther (SdKfz 173).

 
Bei einer differenzierten technisch-wissenschaftlichen Betrachtungsweise der neuesten deutschen Geschichte ist die Vorgehensweise von Rheinmetall bezüglich der Namengebung nicht zu beanstanden und vom militär-ökonomisch Standpunkt unter Bezugnahme auf die Leistung dieses Panzers durchaus nachvollziehbar. Der Name verweist auf hohe technische Qualität, das taktische Vorgehen des ehemaligen Bundeswehrgenerals, jedoch verrät Lücken in seinem Kenntnisstand und Erfahrungsschatz, wie sich aus den nachfolgenden Absätzen unschwer erkennen lässt. Er agiert nach einem für Publizisten bekannten,  einfachen Reiz-Reaktions-Prinzip. Ein Blick auf den Maschinenpark seiner ehemaligen Arbeitsstelle vor einer solchen Äußerung hätte ihm erkennen lasse, dass dieses „Problem“,  bereits während seiner aktiven Dienstzeit evident war.
 
Auch der Standart-Schützenpanzer der heutigen Bundeswehr, der Puma, der von den deutschen Rüstungsunternehmen Krauss-Maffei Wegmann und Rheinmetall Landsysteme GmbH produziert wird, hat einen „belasteten Vorfahren“ der Wehrmacht, den 8 x 8 schweren Panzerspähwagen Typ ARK Puma (SdKfz 234). Dieser zwischen 1943 und 1945 von Büssing-NAG produzierte  schwere Spähwagen ist zwar mit seiner Stückzahl von 1000 Einheiten weniger bekannt als der Panther aber nicht minder erfolgreich gewesen. Dies gilt in noch stärkerem Maß auch für den, von den Ukrainern gewünschten Schützenpanzer „Marder“, der seit Jahren treue Dienste bei der Bundeswehr leistet und eine ganze „NS-Marder-Familie“ als Vorfahren hatte. Es handelt sich im Wesentlichen um Panzerjäger-Selbstfahrlafetten, die als Standartgeschütz die 7,5 cm Pak auf verschiedenen Fahrgestellen hatten (Marder I SdKfz 135, Marder II, SdKfz 131, Marder III SdKfz 138, Marder II SdKfz 132 (7,62 cm Pak (russisch)), Marder III SdKfz 139 (7,62 cm Pak (russisch)). Auch der 8 x 8  Spähpanzer „Luchs“  der Bundeswehr hatte einen belasteten Taufpaten, den Spähpanzer Panzer II „Luchs“ (SdKfz 123), einen direkten Vorfahren des Panzerkampfwagens V „Panther“.  Müssen wir nun daraus den Schluss ziehen, dass  die Bundeswehr ein „zoologischer Garten gepanzerter Nazis“ ist und damit ein Fall für den Technischen Überwachungsverein beim MAD wird?

 
Mit der Aufforderung nach einer Namensänderung des Rheinmetall-Panthers hat der  Bundeswehr-Generals einen Stein losgetreten.  Diese Vorgehensweise lenkt unweigerlich auch den Blick auf das Umfeld mit dem Namen Wittmann im Zusammenhang mit der deutschen Panzerwaffe. Auch dieser Name  ist „extrem belastet“. Der wohl weltweit bekannteste Panzerkommandant, der   SS-Hauptsturmführer Michael Wittmann wurde am 22.04.1914 in Vogelthal,  bei Neumarkt in der Oberpfalz, als Sohn eines Landwirtes geboren, in einem Ort, den wahrscheinlich nicht einmal viele Oberpfälzer kennen.  Er das „Tiger-As“, war sowohl an der Ostfront, als auch an Westfront eingesetzt. Er wurde mit dem Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes mit Eichenlaub und Schwertern für seine Kriegseinsätze ausgezeichnet und hatte damit Vorbildfunktion in der deutschen Wehrmacht, wie viele andere Soldaten auf beiden Seiten der Front auch.
 
Im Zuge der Kämpfe in der Normandie schoss der Panzerkommandant Wittmann am 13.6.1944 die 22. britische Panzerbrigade in einem Gefecht bei Villers-Bocage zusammen, wobei er trotz Verlust des eigenen Panzers  (Panzer VI Tiger SdKfz 181) 21 Feindpanzer und mehrere Fahrzeuge zerstörte. Am 8.8.1944 im Anfangsstadium der Kesselschlacht bei Falaise in Frankreich  fand er und seine gesamte Besatzung den Tod im Gefecht.
 
Wie würde sich der General der Bundeswehr wohl zu diesem hochdekorierten  Soldaten gleichen Namens der deutschen Wehrmacht äußern? Muss er  als Historiker zumindest darauf hinweisen, dass er mit dem genannten Front-Soldaten, dem Hauptsturmführer Michael Wittmann, der SS-Panzer-Abteilung 101, des I. SS-Panzerkorps „Leibstandarte“, nichts gemein hat? Muss er sich von dessen Tun distanzieren, da dieser die falschen Kragenspiegel trug, um nicht unglaubwürdig zu werden? Übrigens diese Kragenspiegel trug auch der umstrittene Schriftsteller und Nobelpreisträger Günther Grass, der sich sehr spät als Panzerschütze der 10. Waffen-SS Panzerdivision „Frundsberg“ outet.

 
Als Soldat haben Michael Wittmann und seine Kameraden ihre Pflicht bis zu ihrem Tod im Gefecht erfüllt. Sollte man diese Menschen, die nichts Anderes taten als das, was die GIs am D-Day im Sommer 1944 auf der anderen Seite der Front taten und was ukrainische Kämpfer im Sommer 2022  gerade tun, unterschiedlich behandeln, solange man dem Einzelnen keinen Verstoß gegen Konventionen oder internationales Recht nachweisen kann? Auch Günther Grass war nur ein Kind seiner Zeiten, einer der vielen Wanderer zwischen beiden Welten. Der Panzer von Michael Wittmann mit der Bezeichnung „Tiger“ wird dadurch nicht zu einem geächteten Gerät und der Name „Tiger“ , genauso wenig wie der Name „Panther“ , für nachfolgende Generationen zu einem Unwort, das im militärischen Zusammenhang nicht mehr verwendete werden darf.

 
Dieses Fallbeispiel macht deutlich, dass eine differenzierte Betrachtung der Geschichte mit Sinn und Verstand, frei von politisch-ideologischen Scheuklappen,  wünschenswert ist undsehr viel zielführender als eine beckmesserische Bilderstürmerei, die lediglich bestimmten Reiz-Reaktions-Prinzipien folgt.

 

 
Hannover, den 10.07.2022
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